Züchtung
Roggen ist ein Fremdbefruchter und wird in Deutschland überwiegend als Hybridsorte angebaut. Die HYBRO Saatzucht GmbH & Co.KG züchtet vorzugsweise Hybridroggen an den Standorten Kleptow und Wulfsode. „Etwas Neues zu schaffen“ ist das, was die Züchter Dr. Franz Joachim Fromme und Dr. Magdalena Góralska antreibt.
Genpools
Eine Hybridsorte entsteht durch die gezielte Kreuzung zwischen zwei elterlichen Inzuchtlinien, die aus verschiedenen Ausgangspopulationen, sogenannten Genpools, stammen.
F1-Hybride
Je weniger die Eltern miteinander verwandt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die Genorte unterschiedlich besetzt sind. Nur dann ist die F1-Hybride maximal mischerbig.
3 Schritte
Zur Züchtung einer Hybridsorte sind am Ende vor allem drei Schritte notwendig: Hierbei wird von den Inzuchtlinien zu ertragreichen, widerstandsfähigen Sorten gezüchtet.
Drei Schritte zur Hybridroggen-Züchtung
Von Inzuchtlinien zu ertragreichen, widerstandsfähigen Sorten
Schritt 1: Zucht von reinerbigen Roggenlinien und Hybriden
Im ersten Schritt müssen reinerbige Inzuchtlinien produziert und auf ihre Eigenleistung getestet werden. Roggen ist von Natur aus mischerbig. Durch die schrittweise erzwungene Selbstbefruchtung, die sogenannte „Selbstung“, werden die Linien zusehends reinerbiger. Nachteilig ist, dass die Roggenpflanzen dadurch an Vitalität verlieren (Inzuchtdepression). Andererseits können so etwaige Gendefekte aufgedeckt und dann bereits im Vorfeld aussortiert werden. Bis eine Elternlinie nahezu reinerbig ist, sind in der Regel acht Generationen notwendig. Einer der Knackpunkte in der Erstellung von Hybriden ist die Kreuzung der Elternlinien, ohne dass sich dabei die Mutterlinie selbst bestäubt: Anders als bei den meisten Tieren sind fast alle Pflanzen zwittrig, d.h. sie haben sowohl Mutter- als auch Vateranlagen. Dadurch kann es zu einer ungewollten Selbstung der Pflanzen kommen. Um dieses Problem zu lösen, werden „männlich-sterile“ Mutterlinien (CMS) ohne funktionierende Vateranlagen entwickelt, die somit nur von fremden Pflanzen, in Hybrid-Fall von der Vaterlinie, bestäubt werden können. Als CMS-Mechanismus wird heute weltweit das Pampa-Cytoplasma eines argentinischen Wildroggens in die Mutterlinie eingekreuzt, das vollständige Pollensterilität verleiht. Nach mehreren Rückkreuzungen entsteht eine komplett sterile Mutterlinie. Auf dieser Mutterlinie kann durch die Befruchtung mit dem Pollen der Vaterlinie reines Hybridsaatgut produziert werden. Bei einer solchen Kreuzung zwischen zwei reinerbigen Elternlinien tritt der Heterosis-Effekt ein. Dieser Begriff beschreibt, dass die aus der Kreuzung zweier Linien entstandene Folgegeneration (F1), die Hybride, viele gute Eigenschaften der Eltern übernimmt und neben besonders guter Vitalität auch einen höheren Ertrag aufweist als die Elternlinien.
Schritt 2: Suche nach synergistischen Kreuzungskombinationen
Schritt 2: Suche nach synergistischen Kreuzungs-kombinationen
Voraussetzung für den Heterosis-Effekt ist, dass die Eltern gut zueinander passen. Deshalb werden im zweiten Schritt parallel zu den Selbstungen unzählige Testkreuzungen zwischen den besten Inzuchtlinien beider Genpools gemacht. Ziel der Testkreuzungen ist es, Linien zu finden, die mit möglichst allen anderen Linien vom anderen Genpool gut kombinieren, das nennt man Allgemeine Kombinationsfähigkeit. Es werden überlegene Kreuzungskombinationen selektiert. „Herauszufinden, welche Kombinationen der Eltern zu guten Hybridsorten führt, ist die spannende Aufgabe der Hybridzüchtung“.
Schritt 3: Dreifachhybriden und die Rolle des fertilen Vaters
Da Roggen i.d.R. eine Dreifachhybride ist, wird im letzten Schritt die beste Linienkombination (sterile Mutter) mit einem fertilen Vater gekreuzt, der Restorereigenschaften mit sich bringen muss, um die Sterilität (CMS) in der Hybride aufzuheben. Ansonsten könnte sich die Hybride auf dem Feld des Landwirts nicht bestäuben und würde keine Körner ausbilden. Bei dem fertilen Vater handelt es sich meist um eine Synthetik, der zusammen mit der männlich-sterilen Mutter im Feld ausgesät wird um diese zu bestäuben. Das Saatgut ist die fertige Hybride.